Zwei Wochen nach dem Sturz des syrischen Gewaltherrschers Baschar al-Assad versucht die Türkei, ihren Einfluss in Syrien zu stärken. Am Sonntag reiste mit Hakan Fidan erstmals ein Außenminister nach Damaskus, um sich mit dem neuen syrischen Machthaber Ahmed al-Scharaa zu treffen. Dabei ging es insbesondere um die Präsenz kurdischer Milizen, vor allem der YPG, im Norden Syriens.
Für diese sei kein Platz in der Zukunft des Landes, sagte Fidan auf einer Pressekonferenz mit Scharaa. „In nächster Zeit muss die YPG an einen Punkt gelangen, an dem sie keine Bedrohung mehr für die nationale Einheit Syriens darstellt“, äußerte der türkische Außenminister und forderte ihre Auflösung.
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Die YPG führt die Allianz der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) an, die einst mit amerikanischer Unterstützung den IS zurückschlagen konnte. In kurdischen Gefängnissen und Lagern halten sich Zehntausende IS-Kämpfer und ihre Familien auf. Fidan sagte, er gehe aber davon aus, dass der gewählte US-Präsident Donald Trump nicht länger die „en“ Aktionen der SDF und YPG in Syrien „ignorieren“ werde.
Scharaa, der auch unter seinem Kampfnamen Abu Muhammad al-Golani bekannt ist, forderte nach dem Treffen mit Fidan, dass die im Land einflussreichen ausländischen Staaten gemeinsam für die Zukunft Syriens arbeiten. „Es ist wichtig, dass sich die großen Akteure auf allgemeine Grundsätze in Bezug auf Syrien einigen“, sagte er. Dabei müssten die Syrer unter anderem unabhängig über die Stabilität und Sicherheit des Landes entscheiden dürfen.
Scharaa kündigte zudem an, alle bewaffneten Gruppen in Syrien würden bald „ihre Auflösung“ bekannt geben und sich der Armee anschließen. Seine Miliz Hayat Tahrir al-Scham (HTS) werde nicht zulassen, „dass es im Land Waffen außerhalb der staatlichen Kontrolle gibt“ – auch nicht in den Gebieten unter der Kontrolle der SDF. Zugleich kündigte Scharaa an, in den nächsten Tagen die neue Struktur der syrischen Streitkräfte bekannt zu geben. Zuvor hatte er Murhaf Abu Qasra zum Verteidigungsminister ernannt, der für viele HTS-Offensiven in den vergangenen Jahren verantwortlich war. Mit Asaad Hassan al-Schaibani wurde zudem ein neuer Außenminister ernannt.
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Derweil rechnet Irans Oberster Führer, Ali Khamenei, mit neuem Widerstand der Syrer gegen die jetzigen Machthaber. „Wir gehen davon aus, dass sich in Syrien wieder eine starke (Widerstands-)Gruppe bilden wird“, sagte Khamenei am Sonntag der Nachrichtenagentur ISNA zufolge. Vor allem die syrische Jugend werde Widerstand gegen diejenigen leisten, die ihr Land und ihre Zukunft wiederholt unsicher gemacht hätten. Assad war einer der wichtigsten Verbündeten Irans im Nahen Osten. Sein Sturz ist eine Niederlage für Teheran.