In einem offenen Brief haben 24 Mitglieder des PEN Berlin zu Geschlossenheit und zur Rückbesinnung auf die Gründungswerte der Organisation aufgerufen. „Was gerade im PEN Berlin passiert, ist ein direktes Abbild der gesellschaftlichen Zerrüttung“, heißt es am Anfang des Schreibens. Die Unterzeichner erklären, dem Verein weiterhin angehören zu wollen, und richten sich damit gegen die Abspaltungsbestrebungen ihrer Kollegen. Zu den prominenten Unterzeichnern gehören die Schriftsteller Eva Menasse und Daniel Kehlmann sowie der Publizist Michel Friedman.
Die Kontroversen entbrannten bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Sonntag, als mit denkbar knapper Mehrheit von 83 zu 82 Stimmen eine Kompromissresolution verabschiedet wurde. Zwei konkurrierende Resolutionsentwürfe, die unterschiedliche Akzente in der Bewertung des Nahostkonflikts setzten, fanden keine Mehrheit. Das Ergebnis der Abstimmung spaltete den Verein weiter. 24 Mitglieder, darunter Yevgeniy Breyger, Ronya Othmann und Anne Lepper, distanzierten sich in einer öffentlichen Stellungnahme von der Resolution. Sie warfen dem Text vor, gegenüber Personen, die Hetze gegen Juden betrieben hätten, zu nachsichtig zu sein.
„Machen jenseits des bloßen Meinens“
Die Verfasser des offenen Briefs heben hingegen die demokratische Legitimität der Entscheidung hervor. „Nach ausführlicher zweimaliger Diskussion wurde eine Resolution mit einer (!) Stimme Überhang demokratisch verabschiedet“, schreiben die Unterzeichner. Das enge Ergebnis lasse sich als Beweis für einen gefundenen Kompromiss deuten, heißt es in dem Schreiben weiter. „Ein guter Kompromiss teilt das Trennende auf“, zitieren die Unterzeichner den israelischen Philosophen Avishai Margalit.
Die Unterzeichner des Briefs betonen die Bedeutung der Gründungsziele des PEN Berlin. Dazu gehöre der Schutz gefährdeter Autoren weltweit sowie die Etablierung einer Plattform für offene Debatten. „Dieses Anpacken, das Irren und Gelingen, das Machen jenseits des bloßen Meinens ist, was wir weiterhin kritisch begleiten wollen“, heißt es weiter. Das Vorstandsteam des Vereins, zu dem Thea Dorn und Deniz Yücel gehören, wird in dem Schreiben ausdrücklich gewürdigt. Im Entwurf eines Austrittsschreibens war ihnen „rasende Orientierungslosigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht“ nachgesagt worden. Die Unterzeichner des offenen Briefes fordern nun dagegen dazu auf, sich wieder den ursprünglichen Anliegen des PEN Berlin zuzuwenden.
Mit klaren Worten grenzt sich der Brief auch von den jüngsten Austrittsankündigungen ab und hebt das Ziel hervor, den Verein weiterhin konstruktiv zu begleiten. Anstatt zu spalten, gelte es, Brücken zu bauen und die Verantwortung gegenüber verfolgten Autoren nicht aus den Augen zu verlieren. Deutlich heißt es am Schluss des Briefs: „Von allem anderen haben wir genug.“
Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs zählen Eva Menasse, Doris Akrap, Stephan Anpalagan, Imran Ayata, Christian Berkel, Simone Buchholz, Alexandru Bulucz, Daniel Cohn-Bendit, Nora Bossong, Svenja Flasspöhler, Michel Friedman, Wladimir Kaminer, Daniel Kehlmann, Ursula Krechel, Kristof Magnusson, Francesca Melandri, Meron Mendel, Saba-Nur Cheema, Moritz Rinke, Kathrin Röggla, Judith Schalansky, Alain Claude Sulzer, Jörg Sundermeier und Jan Wagner.